Am 23. Jan. 2011 in Freudenthal, in der ehemaligen Synagoge, ein Vortrag Sloterdijks zum Stiftungsfest des PKC, Thema: Du musst dein Leben ändern, meist frei gesprochen, mit einigen aus seinem jüngsten Buch gleichen Titels gelesenen Abschnitten. Der Buchtitel ist Rilkes Gedicht Archaischer Torso entnommen. In dem Gedicht heißt es weiter … und da (auf dem Körper dieser Statue) ist keine Stelle, die dich nicht sieht. (S. wies darauf hin, dass diese Sicht auf ein plastisches Kunstwerk von der Ästhetik Rodins beeinflusst ist, dessen Sekretär Rilke zur Zeit der Niederschrift dieses Gedichts war.)
S. versteht diesen Satz als einen absoluten Imperativ, der über Kants kategorischen Imperativ hinausgehe. Dieser richte sich noch an den Bürger und formuliere die Bedingung der Möglichkeit des Miteinanderseins freier Bürger, jener werde dem Einzelnen gesagt, wobei das du musst eigentlich in einer Modalität gesprochen sei, die jenseits der philosophischen Modalkategorien liege. Diese sind Möglichkeit, Wirklichkeit und Notwendigkeit, aber dieses du musst dein Leben ändern sei eine Unmöglichkeitsforderung. Nur eine solche unmenschliche Forderung sei die eigentliche Forderung. Sie stelle den Menschen in die Vertikalspannung, in der er erst eigentlich zum Menschen werde.